30. April 2021

IT Carve-outs – Vorgehensempfehlung

Ein klar strukturiertes und nutzerorientiertes Vorgehen ist elementar für den Projekterfolg eines IT Carve-outs. Im folgenden Artikel gehen wir darauf ein, wie ein IT Carve-out aus unserer Sicht optimal angegangen und durchgeführt werden kann.

Als Bestandteil eines übergelagerten, fachübergreifenden M&A Projekts muss sich ein IT Carve-out an den folgenden Phasen & Meilensteinen orientieren:

Abbildung 1: Überblick Vorgehen & Meilensteine „IT Carve-outs“
  • Signing: Zeitpunkt, an welchem der Käufer per Vertragsunterzeichnung die rechtliche Grundlage für den Carve-out schafft.
  • Closing & Day One: Moment, an welchem der Unternehmensteil rechtlich an das neue Unternehmen übergeht und ab «Day One» als eigenes Unternehmen agiert.
  • Cutting/“Exit of TSA“: Abschluss der Transition (TSA-)Phase und des Carve-out Projekts.

Die aucoma zählt hierbei auf folgendes, über mehrere IT Carve-outs erprobtes Vorgehen:

Projektinitialisierung

Damit nach dem Signing keine Zeit verloren geht, sind die Rahmenbedingungen des IT Carve-outs vorab festzulegen. Dazu gehören folgende Arbeitspakete:

  • Klärung der Grundanforderungen
    • Ausgliederung: Wird die abzuspaltende Einheit während dem Carve-out in eine eigenständige rechtliche Einheit übergehen?
    • Rebranding: Müssen Applikationen und Outputs zu einem bestimmten Zeitpunkt auf die Käufermarke oder die neue rechtliche Einheit angepasst werden?
    • Konsolidierung & Optimierung: Sollen im Rahmen des Projekts Prozesse optimiert werden? Oder Applikationen konsolidiert werden?
    • Berechtigungen: Werden Anpassungen in den Systemberechtigungen der Nutzer der verkauften oder der verbleibenden Einheiten nötig sein?
    • Rumpfwirtschaftsjahr: Muss das finanzielle Jahr der verkauften Einheit auf den Käufer angepasst werden?
  • Erarbeitung Projektauftrag
    • Definition von Zielen, Scope, Vorgehen und Organisation des IT Carve-outs
    • Analyse der rechtlichen und regulatorischen Vorgaben, der Stakeholder, und der Risiken
    • Klärung der Abhängigkeiten zu anderen Bereichen des Carve-outs (z. Bsp. Finanzen, HR) sowie anderen laufenden und geplanten Projekten im Unternehmen
  • Ressourcenplanung
    • Organisation der internen IT Ressourcen
    • Beschaffung der externen IT Ressourcen inkl. den Migrationspartnern
  • Projektfreigabe
    • Freigabe des Projektauftrags inkl. Projektbudgets

Durch die frühzeitige Involvierung der IT kann sichergestellt werden, dass es später zu keinen Überraschungen bezüglich Kosten und Vorlaufzeiten kommt und dass diese im Verkaufsvertrag mit beachtet werden können.

Nutzerorientierte Analyse

Im Kern jedes IT Carve-outs stehen die Anforderungen der zukünftigen Nutzer. Deshalb ist es unverzichtbar, die bestehende Applikationslandschaft in enger Zusammenarbeit mit genau diesen zu analysieren:

  • Applikationsumfang: Welche Applikationen werden aktuell genutzt? Und welche auch in Zukunft noch benötigt?
  • Trennbedarf: Nutzen auch weitere Unternehmensbestandteile dieselben Applikationen? Sind die Daten durchmischt? Sind die Nutzer über Berechtigungen voneinander getrennt?
  • Rebranding: Welche Applikationen, Formulare und weiteren Inhalte müssten im Falle eines Rebrandings angepasst werden? Wieso?
  • Infrastruktur: Was sind die Anforderungen an die Zielinfrastruktur? Wo werden z. Bsp. Lizenzserver oder spezielle Clients, Drucker, Scanner oder Terminals benötigt?

Je mehr dieser Fragen beantwortet werden können, desto deutlicher wird das Bild der durchzuführenden Trennungs- und Anpassungsarbeiten – und desto genauer kann der Rest des Projekts geplant werden.

System- und Datentrennung

Noch vor dem Closing muss sichergestellt werden, dass alle gemeinsam genutzten Systeme logisch voneinander getrennt werden. Ab «Day One» dürfen die Mitarbeiter des abgetrennten Unternehmensteils keinen Zugriff auf Daten der verbleibenden Unternehmensteile mehr haben – und umgekehrt. Die Priorität liegt hierbei bei der Trennung der Kernsysteme, wie z. Bsp. des ERP-Systems. Im Falle von SAP kann der Unternehmensteil z. Bsp. in einen eigenen SAP Mandanten oder Buchungskreis migriert werden – oder es kann reichen, die Berechtigungen anzupassen.

(Daten-)Exportvorbereitung, -planung und -test

Parallel zur System- und Datentrennung sollte die Übergabe der relevanten Applikationen, Daten und Files an den Käufer vorbereitet werden. Dazu sollte vorab geklärt werden, wie die Ziellandschaft des Käufers aussieht – und in welchem Format er die Daten benötigt. Danach bewährt sich ein Vorgehen in mehreren Iterationen, nach welchem pro Applikation ein Cut-over Plan erstellt und mittels eines Migrationstests überprüft wird. Die Cut-over Pläne der einzelnen Applikationen werden, unter Beachtung der Schnittstellen und der Anforderungen des Käufers, in einem applikationsübergreifenden Cut-over Plan zusammengefasst.

Migration & Support

Abschliessend werden die Applikationen, Daten und Files entlang des Cut-over Plans bis zum Ende der Transition (TSA-) Phase dem Käufer übergeben und der Käufer, falls entsprechend vertraglich vereinbart, dabei unterstützt, seine IT Umgebung aufzubauen/zu erweitern.

aucoma SUSTAINABLE CONSULTING unterstützt Sie optimal in technischen und betriebswirtschaftlichen Belangen von Carve-outs. Unsere Expertise gründet auf zahlreichen, erfolgreich geführten Carve-outs im Erfahrungsschatz unserer Consultants.

Bei Interesse erfahren Sie mehr über die Herausforderungen und Erfolgsfaktoren in einem IT Carve-out in unserem ersten Beitrag.

Quellen
Leimeister, S.; Leimeister, J. M. & Krcmar, H. (2008): Erfolgsfaktoren für die systematische Durchführung von IT Carve Outs – Eine explorative Untersuchung. In: Proceedings of Multikonferenz Wirtschaftsinformatik (MKWI), München.

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Über Nils Reinthaler
Nils Reinthaler ist ein auf Digitale Transformation und M&A Projekte/Carve-outs spezialisierter Berater der aucoma. Er überzeugt mit mehrjähriger Erfahrung in Programm- und Projektleitung interdisziplinärer Teams, Strategie- und Geschäftsmodellentwicklung, Technologiemanagement sowie der Konzeption und Implementierung von Digitalisierungsinitiativen bis hin zum Aufbau von Digitalisierungsabteilungen («Digital Campus»). Diese Erfahrung stammt unter anderem aus den Branchen Luft- und Raumfahrt, dem Maschinenbau, der Fertigungsindustrie, dem industriellen Handel sowie der Medizinaltechnik. Als wertvolle Grundlage dienen ihm hierbei ein Bachelor in Elektrotechnik (ITET) sowie ein Master in Management, Technologie und Ökonomie (MTEC) der ETH Zürich.
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